Traurig: Diesen Text habe ich am 25.02.2022 geschrieben. Er ist aktueller denn je.
Den Brandherd, der seit gestern vor unserer Haustür lodert – den Krieg gegen Frauen, Männer und Kinder, Alte und Junge in der Ukraine – werden wir nicht mit Meditation löschen können. Doch vor dem Hintergrund der zerstörerischen Kräfte in der Welt erscheint mir Meditation, der Weg nach innen, notwendiger (die Not wendend) denn je. Denn der einzige Ort, an dem wir aus dem Kreislauf von Angst, Hass, Unterdrückung und Zerstörung aussteigen können liegt in unserem Bewusstsein. Im fühlenden Erkennen, dass wir verbunden sind – und dass jeder verletzende Akt gegen andere auch uns selbst verletzt. Der einzige Ort, an dem wir Versöhnung und Freiheit finden können, liegt ebenfalls in unserem Bewusstsein. Wenn wir in uns selbst sicher verwurzelt sind, finden wir den Mut, das Mitgefühl und die schöpferische Kraft mit den Unzulänglichkeiten und Zumutungen der äußeren Welt so umzugehen, dass Leid eher weniger als mehr wird. Nach innen zu gehen und sich den eigenen Dämonen zustellen – den Kränkungen, Ängsten, Schmerzen und Sehnsüchten – bewahrt uns davor diese gegen unschuldige Dritte auszuagieren.
Putins irrationaler Angriff auf seine Nachbarn führt uns vor Augen, was geschieht, wenn Menschen Kriege, die in ihrem Inneren toben in die äußere Welt tragen. Es mag naiv
und zu banal erscheinen, die psychologische Konstitution eines Hitler, Trump oder Putin für das unfassbare Leid verantwortlich zu machen, was durch diese gekränkten, verletzten Männer in die Welt gekommen ist. Doch sollten wir das allzu Menschliche darin niemals übersehen. Gleichzeitig ist es Teil unserer menschlichen Realität, dass Diktatoren von Menschen ermächtigt werden, die ebenfalls gekränkt und verletzt sind, die auf ein besseres Leben hoffen, ein Leben ohne Angst, ein Leben in Sicherheit, in Würde und Freiheit. Und wer will das nicht! Darin sind wir alle gleich.
Doch die äußere Welt kann uns niemals umfassende Sicherheit, Würde und Freiheit bieten. Es liegt in unserer Verantwortung mit diesen Unzulänglichkeiten und Enttäuschungen in Frieden zu kommen und dabei nichts unversucht zu lassen, Sicherheit, Würde und Freiheit für so viele Menschen, Tiere und Pflanzen wie möglich zu erwirken. Und hier liegt die Frage, die ich mir immer wieder neu stelle: Wie bewirke ich Sicherheit, Würde, Freiheit für mich und andere. Sind die Strategie, das Verhalten, die Gedanken und Worte die ich wähle zielführend? Kann ich damit in Frieden sein, dass ich mich bemühe, aber nicht den Erfolg erlange, den ich mir wünsche? Kann ich damit in Frieden kommen, dass mein Wirkungsfeld begrenzt ist? Kann ich damit in Frieden kommen, dass meine Erkenntnisse beschränkt sind? Kann ich damit in Frieden kommen, dass ich andere nicht verstehe? Kann ich damit in Frieden kommen, dass sich mein Herz verschließt? Kann ich damit in Frieden kommen, dass ich ungeduldig bin? Kann ich mit der Wut, der Angst, dem Neid, dem Hass, der Gier, die in mir toben in Frieden kommen?
Ich erinnere mich: In Frieden zu kommen heißt nicht, zu resignieren, gleichgültig und tatenlos zu sein. Frieden ist ein Zustand innerer Ausgeglichenheit. Dabei verhält es sich mit dieser Balance genauso wie in einem wackeligen kleinen Kanu: Ständig muss ich mich ein wenig bewegen und mein Gewicht verlagern. Ausgleich entsteht, in dem ich ständig den Ausgleich suche – niemals wird es zu einem starren, endgültigen Zustand kommen. Das erfordert Geduld, Mut, Bereitschaft, Beweglichkeit und eine gefestigte Absicht, nicht aus dem Boot zu fallen.
Ich schreibe mit diesem Text auch gegen meine eigene Fassungslosigkeit, meine Trauer, meinen Schmerz an und spüre deutlich, dass ich einen Beitrag leisten möchte. Also bringe ich mich mit dem ein, was ich kann und worin ich mich mit mir selbst, mit euch, mit dem Leben verbunden fühle. Ich lade Euch ein, mit mir in Meditation und Familienaufstellungen die inneren Kriege zu befrieden, innere Sicherheit, Würde und Freiheit zu finden.
Wohin es führt, wenn wir Würde, Sicherheit und Freiheit mit Mitteln der Gewalt und auf Kosten von Schwächeren erlangen wollen, können wir an den Folgen des Klimawandels, der Kolonialisierung, an allen kriegerischen Auseinandersetzungen und jüngst auch an den Auswirkungen der Pandemiebekämpfung ablesen. Wie ein Bumerang kommt das Leid zu uns zurück. Innere Arbeit und Meditation führen uns die Wechselwirkungen zwischen innen und außen, selbst und nicht-selbst, oben und unten, Ursache und Wirkung vor Augen und schenken uns einen neuen Kompass im Umgang mit der Welt. Sie helfen uns früh die Anzeichen von Spaltung, Kampf und Ausgrenzung zu erkennen und verleihen uns Geduld, Kraft und Einsicht für unser Handeln.
Vor diesem Hintergrund sehe ich Menschen, die sich auf das Wagnis der Selbsterkundung durch Meditation und Familienaufstellungen einlassen als Friedensaktivist:innen. Genauso, wie Künstler:innen, Lehrer:innen, Väter und Mütter, Ärzte, Politiker:innen, Malermeister:innen, Busfahrer:innen und Soldat:innen zu Friedensaktivist:innen werden, wenn sie ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Leben mit Demut und Mitgefühl leisten.